AEGON 1994 – Rafael VAGANIAN vs Mephisto BERLIN

GM VAGANIAN

2625 ELO

gegen COMP

Mephisto BERLIN

Human Rating FIDE: 2212 ELO

Wiki Turnier: 2131 ELO / Wiki Rapid: 2193 ELO

SSDF: 2115 ELO

USCF: 2276 ELO

BT-2630 (Stellungstest): 2075 ELO

Markteinführung: 1992

Eröffnungsbibliothek: 100.000 HZ

CPU: Motorola 68000/16-bit/12Mhz

ROM: 128kb, RAM: 512kb /Hashtables

Eingabe: Drucksensoren

Ausgabe: 64 Feld-LED´s

Event: AEGON 1994 Den Haag

A07: Barcza-System

(Königsfianchetto mit möglichen Übergängen in andere Systeme)

Turnierpartie 40/120

1.Sf3 d5 2.g3 Sf6 3.Lg2 c6 4.0–0 Lg4 5.d3 Sbd7 6.Sbd2 e5 7.e4 dxe4 8.dxe4 Lc5 9.h3 Lh5 10.De1 0–0 11.Sc4 letzter Buchzug.

11…De7 [11…Te8 12.Sh4=] 12.Se3 Lb6 [12…Tfe8 13.Sh4=] 13.b3 Lg6

In diese Falle läuft der Berlin allerdings nicht

[13…Sxe4? ist nicht spielbar 14.Sf5 De6 15.Dxe4+-]

14.Sh4 Tad8 [14…De6 15.Sef5] 15.Lb2 Lh5 [15…Tfe8 16.a4]

16.a3 – kein besonderer Zug, der GM greift leicht fehl

[16.a4!? wäre erheblich stärker gewesen Tfe8 17.Shf5±] 16…De6 17.Sc4

Lc5 – nur zweitklassig vom Berlin gespielt [17…Lc7 etwas besser wäre18.a4]

18.Kh2 – der GM verschenkt den kleinen Vorteil etwas

[18.g4 ist effektiver Lg6 19.Sf5 b5±] 18…b5

19.Se3 Ld4 – auch hier der Berlin nicht mit genügend Biss

[19…Lg6!? Kommt mehr in Betracht 20.f3 Tfe8]

20.Lxd4± exd4 21.Sef5 c5 22.f4 – der GM wählt nicht die beste Fortsetzung

[22.g4!? wäre eindeutig stärker g6 23.gxh5 gxf5 24.Sxf5 Sxh5 25.f4±]

22…g6= 23.Sh6+ Kg7 24.Dd2 Sxe4 25.Lxe4 Dxe4 26.Tae1 26…Dd5 [26…Dc6 27.f5 Tde8 28.fxg6 fxg6 29.Txf8 Sxf8 30.Df4=] 27.f5 Tde8

28.f6+ Kh8?? – hier verlor der Berlin vermutlich etwas den Überblick

[28…Sxf6 der einzig richtige Zug in dieser scharfen Situation (vorausgesetzt, wenn man noch einige Züge korrekt über 30….Kg8 hinaus schauen kann) 29.S6f5+ gxf5 30.Sxf5+ Kg8]

29.S6f5 – aber wie die Dinge so liegen, ist es selbst für einen GM kein zwingender Selbstläufer

[29.Te7 denn dieser hätte alternativ mehr oder weniger den Gewinn gesichert 29…Txe7 30.fxe7+-]

29…Txe1 – diese Chance lässt sich der Berlin jetzt nicht nehmen

[29…gxf5?? wäre ein schlimmer Fehler (ja klar, aber hier überblickte der Computer dann doch die Sache bis zum Horizont) 30.Dh6 Sxf6 31.Dxf6+ Kg8 32.Sxf5 Dxf5 33.Txf5+-;

29…Sxf6?? das Schlagen des Bauern ist schlecht 30.Dh6 Tg8 31.Se7+-]

30.Txe1 Dc6 [30…gxf5 würde schließlich ein Matt in 6 Zügen zur Folge haben 31.Dh6 Sxf6 32.Dxf8+ Sg8 33.Te8 Dh1+ 34.Kxh1 Lf3+ 35.Sxf3 d3 36.Dxg8#;

30…Sxf6?? wäre ebenso keine lustige Variante für den Berlin 31.Dh6 Tg8 32.Se7+-] aber er war so weise, beides lieber nicht auszuprobieren.

31.Se7 [31.Dg5!? ist zu prüfen, ja, und wäre für Weiß auch stärker]

31…Dxf6 32.Sd5 Dd6 33.Dg5 f6 34.Dh6 Dxd5 [34…Tg8 35.Se7 Se5 36.Sxg8 Kxg8 37.Tf1] 35.Te7 35…Dg8 36.Txd7 Tf7

37.Td6?? – eher fragwürdiger Zug

[37.Td5 sieht zwar noch spielbar aus (es ist bei der Sache jedoch nicht zu vergessen, unser Mephisto Berlin hat immerhin zwei Bauern mehr auf dem Feld)]

37…Dc8–+ 38.Sg2 [38.Td5 Kg8 39.g4–+]

38…Ld1 – der Berlin verzockt sich etwas

[38…Kg8–+ und Schwarz wäre dem Ziel um einiges näher. Glück für den GM]

39.Sf4 39…Db8 40.Td5 De8 [40…Lf3 41.Sxg6+ Kg8 42.Df4 Dxf4 43.Td8+ (43.Sxf4?? Lxd5 44.Sxd5 Kh8–+) 43…Kg7 44.Sxf4= (44.gxf4?? Kxg6 45.Kg3 Lb7–+) ] 41.Se6 41…Te7 42.Td8 42…Txe6 43.Txe8+ Txe8 44.Df4 Lxc2 45.Dxf6+ Kg8 46.Dc6 46…Te2+ (interessant, jetzt haben wir nach ein wenig Schlagabtausch Dame gegen Läufer+Turm auf dem Brett).

47.Kg1 d3 Schwarz hat allerdings einen starken Freibauern (exakt, und wenn ein Programm von Richard Lang diese Chance kriegt, dann vergeigt es so ein Endspiel eher nicht mehr).

48.Kf1 d2 49.Dc8+ (Dd5+ und der Berlin hätte gewonnen, aber der GM übersah diesen Punkt hier nicht)

Kf7 50.Dd7+ (Dennoch blieb nur Dauerschach als einzige Rettung übrig) Kf6 51.Dd6+ Kg7 52.Dc7+ Kf6 53.Dd6+ Kg7 54.Dc7+ Zweifache Stellungswiederholung 54…Kf6 55.Dd6+

Ergebnis: ½–½

In dieser Partie haben sich der GM und der Schachcomputer nicht viel genommen. Einfach auf den Punkt gebracht waren es nicht die spektakulären Züge, die dieser Auseinandersetzung den Stempel aufgedrückt haben. Viel mehr kamen gelegentlich taktische Raffinessen ins Spiel. Und genau in diesen Phasen passierten auf beiden Seiten Ungenauigkeiten bis hin zu klaren Fehlern. Die Waagschalen verhielten sich im Wechsel also ungefähr ausgeglichen.

Klare Gewinnchancen wurden beidseitig immer wieder ausgelassen und Varianten entweder nicht mit der vollständigen Konsequenz ausgespielt oder aber eine korrekte Fortsetzung schlicht nicht entdeckt. Als der Mephisto Berlin einmal massiv strauchelte, vermute ich fast, das jener mehr oder weniger dem berüchtigten Horizonteffekt zum Opfer fiel, der, so wie es aussieht, eine nicht unbedeutende Rolle einnahm.

Die Fehlentscheidung dürfte mehr mit dem verfrühten Abschneiden eines Astes im Suchbaum zu tun haben, weswegen das Ziel verfehlt wurde. Weniger verwunderlich ist dabei natürlich, das die pure Rechengewalt damals noch selten ausreichte um weiter verzweigte taktische Lösungen auf diese Art zu finden.

Wurde der selektive Zweig nicht tief genug durchgerechnet, war die Zugfolge schnell falsch oder mindestens ungenau und der Überblick ging verloren. Der grobe Fehler des Mephisto im 28. Zug mit Kh8 macht es ziemlich wahrscheinlich, das die korrekte Suche hier vorzeitig abgeschnitten wurde oder die Berechnung sich in einer anderen Sackgasse verirrt hat.

Schlussendlich, nach einigen wilden Wendungen, kam es noch zu einem spannenden Endspiel, in dem der Mephisto Berlin sichtbar sein Wissen zum Einsatz bringen konnte. Im weiteren Zusammenwirken mit seinen integrierten Endspieltabellen ließ sich der Computer nicht mehr die Butter vom Brot nehmen. Im Gegenteil, der GM musste jetzt als letzten Anker das permanente Schachgebot nutzen um die Partie ins Unentschieden zu konsolidieren.

Selbst die Schachcomputer der alten Generationen, in diesem Fall von Anfang der Neunziger, konnten sogar für absolut starke Schachspieler zur ernsten Herausforderung werden.

Das Programm Genius1 von Richard Lang war zu jener Zeit klar ein Meilenstein.