Mephisto Berlin – ein technisches Highlight von 1992

Hier spielt weitgehend ein Vancouver 16-bit im Laptop der Mephisto Serie. Wenn man von zwei weiteren möglichen Einstellungen in der Bibliothek und den 256 KB ROM, also etwas mehr Programmspeicher das im Modul integriert ist, absieht. Der Berlin verfügt über ein abgespecktes ROM mit 128 KB. Richard Lang gelang es, mehr und mehr Highend Module auf den Markt zu bringen, die vor allem solide spielen. Die verwendete Hardware war die am besten Ausgestattete, die Mephisto bis dahin in ihre Gerätschaften einbaute. Es war die erfolgreichste Produktlinie der Hegener & Glaser GmbH.

Seit dieser Zeit kamen auch Hashtables zum Einsatz, was natürlich wesentlich besser dimensionierte RAM-Bausteine (hier 512 KB) brauchte als dies zuvor der Fall war. Die ROM-Bausteine waren gleichermaßen besser ausgelegt und so war es möglich den Programmen deutlich mehr Wissen und Prinzipien mit auf den Weg zu geben. Die Hardware wurde mit einer 68000´er CPU von Motorola für den 16-bit-Adressbereich bestückt.

Berühmt wurde der Programmierer Richard Lang für die damalige Zeit, mit seinen erheblich verbesserten Endspielalgorithmen. Gleichzeitig hatte eine umfangreiche Eröffnungsbibliothek Platz auf der Hardware und man konnte auf diese Weise für Turnierspieler viele moderne Eröffnungsvarianten aus Großmeisterturnieren der vergangenen Jahrzehnte realisieren. Damit war für mehr Facettenreichtum gesorgt, der starken Vereinsspielern ein hohes Maß an Trainingsmöglichkeiten garantierte.

Wer jetzt meint, der Berlin 68000 steht für ein spektakuläres Angriffsschach, der irrt. Das Mittelspiel wird vom Programm eher solide und unspektakulär behandelt. Dahinter liegt aber eine nicht zu unterschätzende taktische Schlagkraft, die meist erst dann zum Tragen kommt, wenn er den richtigen Moment dafür abgewartet sieht. Auf diese Weise herbeigeführte Wendungen gibt er dann kaum mehr zurück, weil er selbst gar geringfügig erspielte Vorteile im Endspiel nicht mehr so leicht abgibt. Denn gerade hier kommt eine seiner weiteren Stärken zum Vorschein, die selbst für einen Turnierspieler eine Herausforderung darstellt. Das Endspiel gegen den Berlin 68000 muss erst mal gehalten werden. Vor allem in Situationen, wo die eigene Stellung auch nur geringfügig nachteiliger auf dem Brett ist.

Natürlich machte ich mich auch hier ans Werk, weil ich die Unterschiede einfach sehen wollte. Ich lasse dabei nicht unerwähnt, dass ein Turniersieg über zahlreiche Partien gegen dieses Gerät für mich nicht machbar wäre. Jedoch, in Einzelpartien, bei kurz eingestellter Bedenkzeit ist dagegen der ein oder andere Erfolg durchaus möglich.

Sicherheitshalber wählte ich die „Berliner Verteidigung“ in der Spanischen Partie, wohlwissend das hier die Chancen am besten liegen. Und sieh da, wir befanden uns zu guter Letzt in einem festgefahrenen Bauernendspiel. In einer Art Bastion, mit jeweils einem Turm hinter den Linien zu beiden Seiten.

Dreifache Zugwiederholung führte so ins Remis.

Später habe ich es nochmal mit Weiß probiert. Diesmal spielte der Berlin 68000 die „Sizilianische Verteidigung“. Gegen die zu spielen macht mir auch eher Spaß. In dieser Partie konnte ich nur mit Mühe und Not dem Druck des Programms standhalten und das Spiel endete gleichermaßen im Remis. Witzigerweise kam erneut ein Turm + Bauernendspiel auf´s Brett. Falls einem in dieser Phase keine spürbare Ungenauigkeit unterläuft, enden diese Strukturen in den allermeisten Fällen unentschieden.

Im Direktvergleich mit dem Milano Pro sind die Partien keine Selbstläufer und enden in vielen Fällen auf einem ähnlich hohen Level. Die Kunst des Lavierens in einem stellungsbetonten Mittelspiel beherrscht der Berlin 68000 hervorragend. Kommt man gegen ihn solide aus der Eröffnung, so erlebt man kein taktisches Feuerwerk, sondern nimmt ihn stattdessen zu Beginn des Mittelspiels eher als zurückhaltend wahr. Trotzdem versteht er es, sich beständig zu entwickeln und druckvolle Stellungen zu erzeugen.

Das im Mephisto Berlin geschriebene Programm, welches mit dem Vancouver 16-bit nahe verwandt ist, wurde durch seinen fast menschenähnlichen Spielstil sehr beliebt.

Es entstammt meines Wissens nach dem PC-PROGRAMM Genius 1.

Wodurch die Software sehr selektiv rechnet und in positionellen Partien zu einem schwierigen Gegner wird. Somit zwar taktisch minimal anfälliger, aber das ist die Balance, die für einen Programmierer nicht immer leicht handelbar ist.

Die Partien gegen ihn sind aber grundsätzlich sehr spannend. Allein schon deswegen, weil er aus seiner Turnierbibliothek ziemlich vielseitig spielt, einschließlich des „lettischen Gambits“. Dieses Table-Gerät lässt wenig Angriffschancen zu und versteht es gleichzeitig seine Figuren so in Stellung zu bringen, das eine Basis für schnelle taktische Schläge ermöglicht wird. Man könnte fast sagen, er legt sein Spiel längerfristig, wie aus einem Guss gefertigt an und spielt mehr strategisch. Das Endspiel behandelt er zudem recht souverän und ist deswegen kein leicht besiegbarer Schachcomputer.

In Computervergleichen konnte er den Milano Pro mit 12:8 bei externen Veranstaltungen in seine Schranken verweisen. Doch darf man hier nicht übersehen, das der Berlin 68000 jederzeit auch am taktischen Angriffsspiel seines Kontrahenten scheitern kann. Gegen den RISC 2500 verliert der Berlin 68000 deutlich mit 14,5:5,5. Hier sieht man wieder die auftretenden Schwankungen im Verhältnis der Brettcomputer untereinander sehr deutlich. Eine richtige Dominanz ist wirklich selten zu beobachten. Denn der Milano Pro zeigt gerade gegen den hinsichtlich der Elo-Performance taktisch sehr versierten RISC 2500 seine Stärken. Hier verliert das Programm von Frans Morsch lediglich mit einem Zähler, sprich mit 10,5:9,5 und zieht sich damit tapfer aus der Affäre. Im RISC 2500 arbeitet ein Johan de Koning Programm auf einem ARM 6 Prozessor mit einer Performance von ELO 2250, im Taktikbereich mit sogar über 2300 Elo.

Während in diesem Fall (gegen den RISC 2500) der Berlin 68000 vergleichsweise mehr oder minder einiges an Verlustpartien mehr einstecken musste. Dadurch sind die Ergebnisse zwischen Computer-Computer und Mensch-Computer-Partien unterschiedlicher als vielleicht oft angenommen wird.

Der geprägte Begriff „Angstgegner“ ist auch zwischen Computern keine unbedingte Seltenheit.

Das liegt vor allem an den Algorithmen der Vielzahl an verfügbaren Programmen, ob und inwieweit die Spielstärke mehr gegen Menschen oder Computer zum Tragen kommt. Wobei es natürlich auch hier keine Konstanten gibt, weil Menschen selten stets gleich spielen, noch weniger als Maschinen, die für gewöhnlich nicht mit dem zweitbesten Zug (je höher die Spielstärke, desto weniger ist er es denn tatsächlich objektiv) reagieren. Wohingegen der menschliche Spieler das in bestimmten Stellungsmotiven aus anderen Gründen eher tun wird.