AEGON 1997 Part 2 – Roberto Parada CIFUENTES vs Mephisto ATLANTA

GM CIFUENTES

2515 ELO

gegen COMP

Mephisto ATLANTA

Wiki Turnier: 2183 ELO / Wiki Rapid: 2270 ELO

SSDF: 2084 ELO

USCF: 2356 ELO

Human Rating FIDE: 2290 ELO

BT-2630 (Stellungstest): 2244 ELO

Turnierperformance AEGON 1997: 2288 ELO

Markteinführung: 1997

Eröffnungsbibliothek: 50.000 HZ

CPU: Hitachi SH7034/32-bit/20Mhz

ROM: 64Kb, RAM: 4KB+512Kb Hashtables

Eingabe: Drucksensoren

Ausgabe: 64 Feld-LED´s

Event: AEGON 1997 Den Haag

B45: Sizilianisch (Klassisches System)

Turnierpartie: 120/40

1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 Sc6 6.Le2 Lb4 7.0–0 Lxc3 8.bxc3 Sxe4 letzter Buchzug

9.La3 Hält den König im Zentrum fest [9.Ld3 d5=] 9…Sxc3 10.Sxc6 bxc6 11.Dd2 11…Da5 Schwarz hat Entwicklungsnachteil.

12.Ld6 Sxe2+ 13.Dxe2 f6 Es geht um e5

14.Dg4 eher suboptimaler Zug [14.Tfd1!? wäre stärker gewesen] 14…Kf7 15.Tfd1 h5 16.Dg3 als Ungenauigkeit einzustufen [16.Dd4 bietet mehr Möglichkeiten und vermeidet h4]

16…h4–+ 17.Db3 h3! Hinlenkung: h3 18.g3 [18.gxh3 nochmals ungünstiger wegen der Hinlenkung Kg8]

18…Db5 Ungenauigkeit [18…La6 aktiver, druckvoller 19.c4 Df5 20.Td4–+]

19.Tab1 Fehler, Turm unterstützt nicht den c-Bauern [19.c4 stattdessen besser Df5 20.f3 a5–+]

19…Dxb3 unnötig [19…La6!? zementiert deutlich mehr die Stärke der schwarzen Stellung 20.Dc3 Df5 21.Td2–+]

20.axb3 a5! 21.Ta1 Th5 22.f3 zu defensiv [22.c4 wäre längst überfällig gewesen]

22…Tb5 23.Kf2 c5 24.Ta2? verschlechtert die Stellung um locker eine Bauerneinheit [24.Ta3 weitaus sinnvoller im Hinblick auf c4 von Schwarz, Tb6 25.Lc7–+]

24…Ta6 25.Td3 c4! zweitbester Zug, Stockfish 16 würde jedoch mit dem Turm die c-Linie zusätzlich verstärken.

26.bxc4 Tb1 27.c5?! leistet wenig Widerstand [27.g4–+ leicht stärker]

27…a4 28.Tda3 Tb4 hier vergibt Cifuentes etwas den Vorteil [28…Td1 ist noch einiges mächtiger 29.g4 Lb7–+]

29.g4 Td4 suboptimal[29…e5 einfach deutlich stärker 30.c3 für den Mephisto Atlanta so mit erheblich weniger Wirkung, Tf4 31.Tb2–+]

30.Tb2 [30.c3 diese Chance ist jetzt wirklich vorbei, Tc4 31.Tb2–+]

30…Td2+ der GM hier mit einem Fehler (im Ansatz zwar verständlich), der seinen Vorteil jedoch auf knapp an die Nulllinie abkippen lässt [30…Ta8 31.c3 Td1 32.f4–+]

31.Kg3?? der Computer will die Chance nicht nutzen [31.Ke3 hätte irgendwie die Partie noch halten können, 31…Tg2 32.Tb8]

31…Ta8–+ 32.Tb4? weitere grobe Ungenauigkeit [32.Lf4 hätte die Schieflage hingegen noch etwas gebremst, Te2 33.c6–+]

32…Txc2?? Cifuentes verspielt und lässt den Mephisto Atlanta so wieder zurück ins Geschehen [32…Tg2+ und Weiß wäre stattdessen in großer Bedrängnis, 33.Kxh3 Tg1–+]

33.Tbxa4 Txa4 34.Txa4 Lb7 35.Ta3 g5 36.Kxh3 f5 bis hierher gerade noch ausgeglichen, dann ein weiterer grober Stolperer des Atlanta 37.Tb3?? [37.f4= wäre die Alternative gewesen]. Nun aber droht massive Einengung und Talfahrt.

37…Ld5–+ 38.Td3 [38.Tb4 ändert die Lage letztlich nicht mehr, 38…Lxf3 39.gxf5 exf5–+]

38…f4 39.Lxf4 Mut der Verzweiflung [39.Lc7 das Barometer sinkt, 39…Kg6–+]

39…gxf4 40.Td4 Txc5 41.Txf4+ Kg7 42.Kg3 [42.Ta4 reißt es nicht mehr 42…Tc3–+]

42…Tc3 [42…Tc4 43.Txc4 Lxc4 44.Kf4–+]

43.g5 Lc6 [43…e5!? wäre noch etwas effizienter, 44.Tf5 Kg6 45.Txe5 Txf3+ 46.Kg4–+]

44.Tf6 e5 45.Kg4 Ld5 46.Kf5 Te3 Schwarz bereitet e4 vor + Freibauer auf der d-Linie.

47.Kg4 [47.Tg6+ besser, die letzte theoretische Gegenwehr, obschon es nicht mehr gereicht hätte, 47…Kf7 48.Tf6+ Ke7 49.h4 Lxf3 50.Tb6–+]

47…Le6+ 48.Kh5 e4 49.Tg6+ Kh7 [49…Kf8 50.Tf6+ Lf7+ 51.g6 Txf3–+]

50.Th6+ Kg7 51.Tg6+ Kf7 52.Tf6+ Ke7 53.fxe4 Th3+ 54.Kg6 Txh2 55.Tf3 Th4

Ergebnis: 0–1

Zusammenfassend ist das ein verständliches Endresultat. Offensichtlich hat der Mephisto Atlanta in diesem Spiel seine Grenzen erreicht. Sicher, es gibt Positionen, da reißt das Teil noch mehr und der Computer kann besser herausstechen. Trotzdem denke ich, dass das hier ein klassisches Beispiel ist, denn die Möglichkeiten lagen auf dem Tisch und hätten effektiver genutzt werden können. Fehler und Ungenauigkeiten sind auf beiden Seiten passiert und glichen einander gelegentlich aus. Den letzten und entscheidenden Fehler, der die Partie vergab, machte allerdings der Mephisto, der die Entscheidung so zuletzt beschleunigte.

Der Mephisto Atlanta war zur Zeit seiner Markteinführung im Jahr 1997 das letzte Gerät aus der schwarzen Serie. So war es ursprünglich gedacht, noch einmal den Spagat zur damals aktuellen PC-Software hinzulegen, die nach wie vor überwiegend für MS-DOS programmiert wurde. Zudem sollte das nun letzte Flaggschiff „Mephisto Atlanta“ der Entwicklung neuer leistungsstarker Schachcomputer mehr Promotion verleihen. Doch fehlte der entscheidende Impuls dieses Ziel in aller Konsequenz zu erreichen.

Der große Leistungsschub nach vorne blieb mitunter aus, denn im Direktvergleich mit dem Mephisto Berlin Pro aus dem Jahr 1994 konnte der Mephisto Atlanta nicht mehr ausreichend überzeugen. Gegenüber seinem Vorgänger, dem Milano Pro, ermöglichten dem Atlanta zwar seine integrierten Hashtables an Spielstärke zuzulegen, aber dennoch nicht in höhere Regionen vorzustoßen.

Grund dafür war einerseits, dass das Programm inhaltlich nicht spürbar verbessert wurde und nur zusätzlich einige elementare Endspielalgorithmen implementiert worden sind. Wirkliche Bereitschaft, mit leistungsfähigeren Hardware-Bausteinen und deutlich überarbeiteter Software das Konzept zur Entwicklung von Spitzentechnik voranzutreiben, war nicht mehr vorhanden.

Diesen Schritt ging man erst wieder seit den letzten Jahren und jenes hat zu einer Art Renaissance beigetragen. Seither ist allerdings erneut eine Menge Interessantes passiert.

Jedenfalls sind seit Mitte der Neunziger Jahre die Schachprogramme für MS-DOS im Hauptsächlichen dafür verantwortlich gewesen, dass eine Verschiebung, weg von den herkömmlichen Schachcomputern, hin zur PC-Software stattgefunden hat. Danach war lange keine Umkehrung in Sicht. Hätte man die bewährten Motorola CPUs weiterhin verwendet, bestückt mit großzügigem RAM-Speicher, einem anderem Entwicklungs-Team, dann wäre die Geschichte länger spannend geblieben.

Die Vorstellung einer M-68040 CPU, 512KB ROM + integriertes KnowHow, einem weiteren MB RAM + Hashtables, das Ganze befeuert mit einem Programm von Marc Uniacke (Hiarcs), Christophe Theron (ChessTiger) oder Marty Hirsch (MChess) hätte ein Modell von Mephisto in Leistungssphären von mindestens 2400 ELO katapultieren können.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch, das der chilenische Schachgroßmeister Roberto Cifuentes im Jahr 1997 seinen Zenit erreichte und im Alter von 40 Jahren eine ELO von 2555 aufwies. Er gewann 5-mal die chilenische Meisterschaft. Seine derzeitige Zahl liegt bei 2390 ELO (Stand Mai 2023). Zwischen 1992 und 2001 spielte er Vereinsschach in den Niederlanden, was einst die Teilnahme am AEGON-Turnier in gewisser Form nahelegte.

Dort landete Cifuentes auf Platz 28/100. Der Mephisto Atlanta belegte den 52. Platz/100 – immerhin mit einem Score von 50% und einer Turnierperformance von 2288 ELO. Dieser Wert führt nicht zu einer Allgemeinaussage, hat aber doch Aussagekraft.

Jedenfalls schrieben die jährlichen Events im Mensch-Maschine-Vergleich, die während der Jahre zwischen 1989-1997 in den Niederlanden stattfanden, doch ein Stück Geschichte.